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Profil

Betriebswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin – Forschungs- und Lehrprofil „Organisation & Gesellschaft“

Die traditionelle Konzentration der Betriebswirtschaftslehre auf Unternehmen in Märkten reicht heute nicht mehr aus. Unternehmen entwickeln neue netzwerkartige, digitalisierte, oftmals auch projektbasierte und globalisierte Strukturen, die sie anders mit zunehmend unsicheren Marktprozessen verbinden. Zudem stellen Unternehmen neben zivilgesellschaftlichen, gewerk­schaftlichen oder öffentlichen Organisationen nur eine Alternative zur Erreichung kollektiver Ziele dar. Wichtiger noch: Unternehmen und diese anderen Typen von Organisationen werden nicht nur als in Märkte sondern in Gesellschaft eingebettet angesehen. Unternehmen beeinflussen mit ihren kreativen Schöpfungen – Innovationen – die Gesellschaft auf positive und auch manchmal negative Weise. Umgekehrt wird unterneh­merisches Handeln durch gesell­schaftliche Dynamiken beeinflusst, die keinesfalls ausschließlich einer Markt­logik folgen. Infolge politischer Prozesse und Regulierung werden Unternehmen vielmehr mit unter­schiedlichen Legitimitätsanforderungen konfrontiert. Mit Globalisierung und Digitalisierung, und den mit diesen einhergehenden Unsicherheiten, ist ohne Zweifel die gesellschaftliche Bedeutung von Unternehmen und Unternehmens­netz­werken gestiegen. Diese größere Bedeutung führt aber auch zu gesteigerter Zuschreibung von Verantwortung von Seiten verschiedener gesellschaftlicher Gruppen.

Zum Verständnis der Wechselwirkungen von Organisation und Gesellschaft leistet die betriebs­wirt­schaftliche Forschung und Lehre an der Freien Universität Berlin einen wichtigen Beitrag. Neben den individuellen Forschungsinteressen der einzelnen ProfessorInnen und den sie unter­stützenden Wissenschaft­lerInnen, hat die Betriebswirtschaftslehre der Freien Universität ihre Forschung in vier profilbildenden, Department-übergreifenden Forschungs­schwer­punkten gebündelt:

(1) Inter-organizational Relations (IOR)

(2) Corporate Governance & Accountability (CGA)

(3) Steuern (TAX)

(4) Digitalization (DIG)

In jedem dieser Schwerpunkte wird Forschung auf höchstem, international sichtbaren Niveau betrieben. Dies belegen nicht nur Veröffentlichungen in inter­national führenden Fachzeitschriften, sondern auch die Mitwirkung der ProfessorInnen als HerausgeberInnen sowie in Herausgeberbeiräten solcher Zeitschriften. Zudem werden laufende Forschungs­projekte und -verbünde von ange­sehenen Förderern wie der Deutschen Forschungs­gemeinschaft, den Bundes- und Landes­ministerien sowie verschiedenen Stiftungen mit Drittmitteln unterstützt.

Die akademische Lehre ist forschungsorientiert, fußt insbesondere auf der Forschung in diesen vier Schwer­punkten und ist, wie an Business Schools in den USA üblich, nicht nur international sondern auch inter­disziplinär ausgerichtet. Wichtige Bezugsdisziplinen sind hier Ökonomie, Psychologie, Soziologie, Informatik, Logistik, Medizin und Rechts­wissenschaft.

(1) Inter-organizational Relations (IOR)

Im Forschungsschwerpunkt IOR werden Beziehungen zwischen Organisationen unterschiedlichster Art untersucht und zwar mit Blick auf Strategie, Organisation, Marketing, und Informationssysteme (s. Abb.). Im Zentrum stehen gleichwohl Interorganisations- bzw. Geschäftsbeziehungen, an denen Unternehmen beteiligt sind. Interorganisationsbeziehungen können eher marktlicher oder hierarchischer Natur sein. Der Schwerpunkt konzentriert sich allerdings auf Interorganisations­beziehungen, denen – wie zum Beispiel strategischen Allianzen und Netzwerken – eine kooperative Qualität zugeschrieben wird. An dem Schwerpunkt ist neben dem Management- & Marketing-Department auch das Department Wirtschaftsinformatik beteiligt.

Diese internationalen Publikationen geben einen Eindruck von den im Rahmen dieses Schwerpunkts behandelten Themen.


(2) Corporate Governance & Accountability (CGA)

Im Forschungsschwerpunkt CGA wird die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen und anderen Organisationen untersucht. Zudem wird die Frage zu beantworten versucht, wie organisationsinterne Strukturen und/oder der rechtliche Rahmen diese Verantwortung stärken können. Unternehmen verhalten sich nicht immer zum Nutzen der Gesellschaft. Hierfür gibt es viele Beispiele, etwa die Naturkatastrophe, die British Petroleum durch auslaufendes Öl im Golf von Mexiko verursachte, die Nichteinhaltung von Bau­vorschriften, die Manipulation von Prüfsoftware, die Fälschung der Finanzberichterstattung und Steuervermeidungspraktiken. Nicht immer ist das Verhalten illegal, aber häufig wird es als illegitim bzw. als nicht gesellschaftlich akzeptiert angesehen.

Im Mittelpunkt der Forschung stehen hier Fragen der Corporate Governance, also die Zielsetzung, Steuerung und Kontrolle von Unternehmen und die Rechte und Pflichten verschiedener Anspruchs­gruppen (Stakeholder). Der Forschungsschwerpunkt konzentriert sich dabei auf das Konzept der Accountability, welche drei miteinander verknüpfte Elemente umfasst: (1) die Bereitstellung, Prüfung und Veröffentlichung relevanter Informationen zum Unternehmenshandeln, (2) die Rechtfertigung dieser Handlungen gegenüber verschiedenen Anspruchsberechtigten (Stakeholdern) und (3) die Möglichkeit der Sanktionierung durch die Stakeholder im gegebenen rechtlichen Kontext.

An dem Forschungsschwerpunkt sind das FACTS- sowie das Management-Department beteiligt, aber auch die Professuren Drenkhahn, Engert, Momsen vom Fachbereich Rechtswissenschaft.

Hier finden Sie eine Übersicht über relevante Publikationen und Vorträge

(3) TAX

Im Forschungsschwerpunkt TAX werden Forschungsfragen im Bereich der Besteuerung untersucht. Dieser Schwerpunkt ergibt sich aus der geographischen Nähe der FU Berlin zur Politik (Berliner Regierungsviertel). Da Steuern sowohl Individuen und Haushalte als auch Unternehmen beeinflussen und auch gesamtwirtschaftlich eine zentrale Bedeutung aufweisen, ist der Forschungsschwerpunkt TAX departmentübergreifend sowohl betriebs- als auch volkswirtschaftlich angelegt. Weiterhin bestehen Bezüge zur rechtswissenschaftlichen Forschung (Staats-, Verwaltungs- und Steuerrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Wettbewerbs- und Regulierungsrecht).

Die Forschungsfragen im Forschungsschwerpunkt TAX sind äußerst vielfältig. Sie umfassen sowohl Wirkungen von Eigenschaften und Handeln von Individuen, Haushalten und Unternehmen auf die Steuerbelastung als auch Wirkungen von steuerrechtlichen Rahmenbedingungen (Tarife, Bemessungsgrundlagen, Steuererhebung, Steuerfairness etc.) auf individuelles und unternehmerisches Verhalten und auf gesamtwirtschaftliche Größen. Während in der volkswirtschaftlichen Forschung am Fachbereich auch die Makroperspektive der Besteuerung untersucht wird (insb. in Kooperation mit dem DIW), steht in der betriebswirtschaftlichen Steuerforschung die Mikroperspektive im Vordergrund. Die verwendeten Methoden spiegeln die Vielfalt der Forschungsfragen und reichen von normativen Analysen an der Schnittstelle zum Steuerrecht über analytische Modelle (z.B. der Unternehmensbewertung unter Steuerberücksichtigung) und empirische Archivforschung bis zu Experimenten und qualitativer Fallstudienforschung.

An dem Forschungsschwerpunkt sind das FACTS-Department, das Management-Department und das Department Volkswirtschaftslehre beteiligt. Steuerliche Forschungsfragen werden in der betriebswirtschaftlichen Forschung am Fachbereich u.a. untersucht in den Bereichen Betriebswirtschaftliche Steuerlehre (z.B. experimentelle Analyse der nachgelagerten Besteuerung, empirische Analyse der gewerbesteuerlichen Faktorallokation), Finanzierung (z.B. Unternehmensbewertung und Steuern, Modellanalyse des Zinsschrankeneinflusses auf Investitionen), Unternehmensrechnung (z.B. Einfluss persönlicher  Steuern auf die Kapitalstruktur), Wirtschaftsprüfung (z.B. Latente Steuern nach IFRS) und Personalpolitik (z.B. Assoziation von Corporate Social Responsibility und Steueraggressivität). Der Forschungsschwerpunkt spiegelt sich in der Lehre etwa in der Verknüpfung des Masterprogramms FACTS mit dem Masterprogramm Public Economics, das mit diesem Schwerpunkt in Deutschland nur an der FU Berlin angeboten wird.

Eine Übersicht relevanter Publikationen finden Sie hier.

(4) Digitalization (DIG)

Der Forschungsbereich adressiert die Digitalisierung von Organisationen und Gesellschaften als Teil der Core Research Area „Science of Digitalization“ im Rahmen der Exzellenzstrategie der Berlin University Alliance ab 2019 (https://www.berlin-university-alliance.de/). Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung verändert auf der Mikro- (z.B. einzelne Personen, Teams und Unternehmen), Meso- (z.B. Wertketten, Plattformen und Ökosysteme) sowie Makro-Ebene (z.B. Märkte, Branchen bzw. (supra-)nationale institutionelle Rahmungen) gewachsene Strukturen. Gleichzeitig ermöglichen und befördern sie die Schaffung neuer unternehmerischer und gesellschaftlicher Chancen und Risiken. Dies macht es erforderlich, die ökonomischen und gesellschaft­lichen Konsequenzen neuer Technologien (z.B. Künstliche Intelligenz, Business Analytics, Big Data Analytics, Blockchain, Mikro­simulationen, Soziale Netzwerke, Internet der Dinge sowie die Erhebung, Auswertung und Nutzung diverser Daten in Echtzeit) methoden- und theoriebasiert zu reflektieren sowie gestaltungsorientiert und zumeist interdisziplinär zu begleiten. Hieraus ergeben sich Rückschlüsse für die betriebswirtschaftliche Forschung, z. B. relevante Mechanismen in einer digitalisierten und vernetzten Ökonomie, Erkenntnisse zur praktischen Lösung unternehmerischer Herausforderungen, Erkenntnisse zur Informationsverarbeitung und -weitergabe von KonsumentInnen in Entscheidungssituationen oder Erkenntnisse zu gesellschaftlichen Veränderungen, beispielsweise zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt. Der Forschungsbereich ist an digitalen Ausgründungen aus und mit dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaft beteiligt.

International hochrangige Veröffentlichungen basieren auf zumeist interdisziplinären und überwiegend drittmittelgeförderten Forschungsprojekten (u.a. DFG, BMBF, Einstein Stiftung, VW-Stiftung). Schwerpunkte liegen u.a. in den Bereichen Mobility, Healthcare, Revenue Management, Plattformen und Infrastrukturen, Entrepreneurship und Bildungsdienstleistungen oder Future of Work und Explainable Artificial Intelligence.


Forschungsprojekte / Drittmittelförderungen (Auszüge)

FU Berlin / Berlin University Alliance (Excellence Initiative / Excellence Strategy):

  • Research Forum: New Health: Ethische Herausforderungen durch Digitalisierung (https://research.forum.tu-berlin.de/) als Teil der Core Research Areas „Global Health“ und “Science of Digitalization“
  • Research Forum Projekt KIRA („Künstliche Intelligenz in der Radiologie“): http://kira-konsultation.de/
  • Focus Area DynAge (http://www.fu-berlin.de/dynage), inkl. der Nachwuchsforschergruppe „Health-IT and Business Model Innovation“ (2015-2021)
  • Postdocs-to-Innovators Network (Link) sowie Post_DocsVenture
  • Grand Challenge Initiative „Social Cohesion“: Beteiligung an vier Projekten im Pre-Call Funding (10/2019 – 5/2020) (BUA-Link):
    • Social Cohesion and Medical Imaging
    • Social Cohesion und Diversität am Beispiel des Berliner Startup Ökosystems
    • Decision theatres facilitating dialogue on social transformation processes
    • Future of Living, Future of Work – A Transdisciplinary Approach to Increase Social Cohesion in Urban Peripheries

DFG-Projekte:

  • Robuste integrierte Umlauf-, Tagesdienst- und Dienstreihenfolgeplanung im ÖPNV
  • E-Mobilität im öffentlichen Verkehr: optimale Ressourceneinsatzplanung und Ladeinfrastruktur
  • Zeitstabile Schätzverfahren für die Household Finance and Consumption Survey - Small Area Verfahren im Kontext von Paneldaten
  • PRE-CLIPS: System zur Klassifizierung und zur Vorhersage der Auswirkungen von Produktrückrufen für die Optimierung von Rückrufverfahren und -benachrichtigungen

EU-Projekt:

  • Horizon 2020: DIGYMATEX - Establishing a comprehensive understanding and taxonomy of children’s digital maturity (2019-2024)

Einstein Stiftung:

  • Einstein Center Digital Future (ECDF: (http://digital-future.berlin)
  • ECDF- Stiftungsprofessuren „Digital Transformation and Strategic Information Management“ sowie „Digital Transformation and IT-Infrastructure“

HEIBRIDS: Helmholtz Einstein International Berlin Research School in Data Science
BMBF:

  • Projekt BloG3: Blockchain-basiertes Gesundheitsdatenmanagement (2020-2023)
  • Projekt LEON: Exploring Data Literacy (2019-2020, Link)
  • Projekt BUERMa-iRad: Entwicklung und Test eines plattformbasierten Innovationsradars für den Bereich Additive Manufacturing (Verbund: Advanced UV for Life) (2019-2020)

BMWi:

  • EXIST IV: Entrepreneurial Network University (ENU)
  • EXIST V: Berlin Entrepreneurial University Alliance, Phase I
  • Diverse EXIST Gründerstipendien, z.B. Inspirient, FrogoAD, Aivy, Re.adjustme/Aivar, famedly

Stifterverband der Deutschen Wissenschaft:

  • Fellowship für Innovationen in der Hochschullehre „WoMenventures“

VW-Stiftung:

  • “Skills, Artificial Intelligence and Labour” (SKAIL). A project in the initiative “Artificial Intelligence and the Society of the Future” (Link).

Präsidium FU Berlin – Transfer, Translation und Entrepreneurship:

  • Digital Entrepreneurship Hub (DEH) (seit 2018: https://de-hub.org/)
  • W1-Professur „Educational Service Engineering & IT-Entrepreneurship”
  • W1-Professur “Digital Entrepreneurship and Diversity”

Veröffentlichungen (Auszüge) finden Sie hier.

 


Organized Creativity
Garment Supply Chain Governance Project
Scientific Network on "Field-Configuring Events"
Microfoundations of Institutions
Einstein Center Digital Future (ECDF) /  Stiftungsprofessuren am Department Wirtschaftsinformatik
Scientific Network “Temporary Organizing”