Albert Ritschel:" Krise? Welche Krise? Lehren aus der Bankenkriese von 1931"
Im Rahmen des regelmäßig stattfindenden Vorlesungsreihe zur Wirtschaftspolitik am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft hielt Prof. Dr. Albrecht Ritschl mit einem Vortrag zu geschichtlichen Parallelen der Weltwirtschaftskrise 1929 und der Finanzmarktkrise 2008. Prof. Ritschl ist Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsgeschichte an der London School of Economics.
In seinem Vortrag untersucht Ritschl Parallelen, Unterschiede und Lehren der Weltwirtschaftskrise 1929 und der letzten Krise von 2008Um eine Grundlage für einen Vergleich zu haben, gibt Ritschl einen Überblick über die Historie und Ursachen der Krise 1929. Hierbei ist wichtig, dass innerhalb der Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1932 noch eine Zwischenkrise (1931) stattgefunden hat, welche als Bankenkrise bezeichnet wird. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass als Folge der Krise ein immenser Schuldenausfall für Deutschland zu beobachten war, wovon vor allem die USA mit einem Ausfall von ca. 25% ihres BIPs betroffen war. Ritschl weist auf die Ironie der Geschichte hin: damals rief der Verkauf dubioser deutscher Hypothekenpapiere an US-Privathaushalte die Krise hervor, während die Krise heute umgekehrt auf den Verkauf dubioser US-Hypothekenpapiere an die deutschen Landesbanken zurückzuführen ist. Außerdem stellt er fest, dass nach der Krise 1931 ein wirtschaftlicher Aufschwung sowohl in Deutschland als auch in den USA gleichermaßen stattgefunden hat.
Insgesamt stellt Ritschl fest, dass eine Parallele zwischen der Weltwirtschaftskrise 1929 und der Krise 2008 nicht zu ziehen ist, sondern der Vergleich der Bankenkrise von 1931 mit dem heutigem Geschehen passender ist. So sind die Verläufe der Entwicklung von Weltindustrieproduktion, Aktienkurse und Leitzinsen übereinstimmend. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal der beiden Krisen bleibt jedoch deren zeitliche Dimension im Zusammenhang mit den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen. Während die Bankenkriese 1931 erst nach dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise ihren Lauf nahm, war die Bankenkriese 2008 Auslöser für dramatische realwirtschaftliche Entwicklungen.
Abschließend konstatiert Ritschl, dass Zentralbanken und Politik nur begrenzt Lehren aus der Bewältigung beider Krisen gezogen haben. Damals wie heute sind die Wirkungen der Geldpolitik zur Stabilisierung sehr enttäuschend gewesen und blieben damit als alleiniges Instrument zur Krisenbewältigung unzureichend.