Forschung an der Juniorprofessur Wessel und in der Dahlem International Network Junior Research Group "Health-IT and Business Model Innovation"
Unsere Forschung fragt danach, wie die Nutzung von Informationstechnik medizinischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Nutzen stiftet. Infolgedessen baut unsere Arbeit auf drei Säulen auf: Technik, Organisation und Innovation.
Technik. Wir sind überzeugt davon, dass die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien das Potenzial hat, die Qualität der Gesundheitsversorgung nachhaltig zu verbessern. Menschliche Alternsprozesse, die rasante Verbreitung chronischer Krankheiten und die Zunahme multimorbider Patienten haben dazu geführt, dass sich die Anforderungen an die Informationsverarbeitung im Kontext der medizinischen Versorgung stark verändert haben. Mehr denn je geht es um die Integration von Wissen und um die Vernetzung des ambulanten, stationären und des Pflegesektors. Infolgedessen kann die Umsetzung von Konzepten wie „Integrierte Versorgung“ (bzw.: die „besonderen Versorgungsformen“), „Managed Care“, „Complex Care Management“ und nicht zuletzt „Patientenzentrierung“ enorm von der Wirtschaftsinformatik/ dem Information Systems Research profitieren. Sie eröffnen den Zugang zu Methoden und Tools, um z.B. „Interorganisationale Informationssysteme“ weiterzuentwickeln und Services bzw. Prozesse zu entwerfen, die medizinischen Mehrwert stiften. Ebenso bieten sie theoretische Erklärungen dafür, warum die Implementierung dieser Tools zuweilen schwierig ist, obwohl alle rationalen Gründe dafür sprechen. Genau dieses Spannungsfeld interessiert uns!
Organisation. Durch unsere Forschung haben wir gelernt, dass die Implementierung von Health-IT oft an organisatorischen Fragestellungen scheitert. Deswegen arbeiten wir interdisziplinär und verbinden die Wirtschaftsinformatik/Information Systems Research mit den Organisationswissenschaften, insbesondere der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie. Diese Perspektive eignet sich wie wenige andere für die betriebswirtschaftliche Forschung im Gesundheitswesen, weil dieser Sektor durch die Regulierung des Staates und der medizinischen Professionen starke institutionelle Einflüsse aufweist. Neue Technologien und innovative Services können bspw. dann besonders erfolgreich sein, wenn sie im Rahmen der GKV-Regelversorgung auf dem sogenannten „ersten Gesundheitsmarkt“ angeboten werden können. Hiermit ist aber die Erfüllung zahlreicher, besonderer Anforderungen verbunden, die man in diesem „institutionellen Feld“ findet, aber häufig nicht auf anderen Märkten. Die Herausforderung besteht damit darin, Geschäftsmodelle zu entwickeln, die dieser „institutionellen Komplexität“ gewachsen sind. Wir wollen verstehen, wie das geht!
Innovation. Durch die Verbindung von Technologie und Organisation kann letztlich Innovation in der Gesundheitsversorgung entstehen. Wir glauben, dass ein interdisziplinärer Forschungsansatz zum Thema „Geschäftsmodelle“ eine Antwort ist, um Innovationen trotz der institutionellen Komplexität vieler Gesundheitssysteme zu unterstützen. Möglicherweise müssen wir hierzu aber einige Gewissheiten, die wir aus Jahren betriebswirtschaftlicher Forschung gewonnen haben, verändern oder gar aufgeben. Denn Gesundheitssysteme sind keine klassischen Märkte, weswegen Innovationsprozesse hier typischerweise anders verlaufen als auf B2C- oder B2B-Märkten. In Gesundheitssystemen zeigen sich oft andere Paradoxien, andere Möglichkeiten und andere Diffusionshemmnisse. Wir wollen sie verstehen – wir wollen sie überwinden!